Werte leben

WERTE LEBEN: FÜR MICH UND FÜR ANDERE

Spiritualität im Tun, 5 ausgewählte, persönliche Thesen, die mir Orientierung geben

zusammengestellt von Paul Lahninger für das Jubiläumsfest 40 Jahre AGB.

Ich verstehe Menschlichkeit als Bedürfnis, fair, mitfühlend und verantwortungsbewusst zu leben.
Werthaltungen entwickeln wir wesentlich auch aus der Grundmotivation, dauerhafte Beziehungen befriedigend, also kooperativ und möglichst liebevoll zu gestalten. Die Fähigkeit zur Empathie gehört zur Grundausstattung des Menschen, sagt die Gehirnforschung.
Jegliches Leben entsteht und gelingt in Kooperation. Diese primäre Motivation gilt zunächst nahestehenden Personen in Familie, „Sippe“, Freundeskreis. Immer drängender wird es notwendig, Fairness und Mitgefühl als Teil der Menschheit global zu leben.

Ich finde meine Balance zwischen Gegenpolen: zwischen Einsatz und Ruhe,
zwischen Planen und Spontansein, zwischen Hereinlassen und Abgrenzen.

Wertekonflikte können wir im Spannungsfeld von scheinbar entgegengesetzten Motivationen verstehen: für mich selbst sorgen / für andere sorgen. Oft wird es hilfreich sein, den Gegenpol zu beachten, zu würdigen oder einzubeziehen: z.B. indem ich Verständnis und Wertschätzung für andere zeige, auch wenn ich ihren Wünschen derzeit nicht entgegenkomme. Oder umgekehrt: indem ich mir bewusst mache, dass ich mich auch abgrenzen könnte, kann ich mich freier entscheiden, für andere da zu sein. So kann beides gelingen: Selbstachtung UND Wertschätzung.
Herausfordernd und immer wieder hinderlich für diese Balance zwischen Gegenpolen sind unsere gelernten Ansprüche, z.B. die Vorstellung, man müsste immer für andere da sein. Die Stimmen dieser inneren Ansprüche können uns manchmal weiterhelfen, andererseits jedoch auch abwerten („Egoist!“), uns Stress machen, oder zu dauerhafter Überforderung antreiben.

Es erfüllt mich, meiner Haltung entsprechend zu handeln. Auch für DICH zu sorgen, kann MICH nähren.
Ausgewogene Wertorientierung beachtet gleichermaßen Selbstfürsorge wie Sorge für andere. In der bewussten Entscheidung für Werte und im konkreten wiederholten Umsetzen dieser Haltung wird diese zu einem Teil des eigenen Selbstverständnisses und damit dessen, wie wir wahrgenommen werden. Ich erlebe, dass entschieden gelebte Werthaltungen unsere Ausstrahlung prägen.

Auch in globalen Herausforderungen tut es mir gut, Teil der Lösung zu sein, insbesondere im Einstehen für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit, in bewusst gestaltetem „fairen“ Konsum und in Orientierung am ökologischen Fußabdruck: das bedeutet ein umweltverträgliches Maß von Flugreisen, Autofahren, Fleisch-Konsum zu finden.

Achtsam sein gelingt mir durch liebevolle Aufmerksamkeit für meine innere Stimme.
Meditation ist achtsame Präsenz, insbesondere in innerer Zuwendung zu allem, was wir tun. Dies stärkt unsere Gesundheit und wirkt ganz offensichtlich heilsam. In regelmäßiger Stille-Meditation erleben sich Menschen verschiedenster Kulturen und Religionen eingebunden und geborgen in einem großen Ganzen, dankbar für das Geschenk des Daseins. Dieses Eingebunden sein kann sich auch im Empfinden äußern, dass das, was ich zu geben habe ein Geschenk ist.

Spirituelle Verbundenheit übe ich, indem ich dankbar bin. Dankbar auch für das, was ich geben kann.
Spiritualität beschreibe ich als Empfindung von Verbundenheit innerhalb der menschlichen Gemeinschaft und darüber hinaus. Zwischen Spiritualität und Wertorientierung scheint eine Wechselwirkung zu bestehen: Ein spirituelles Lebensgefühl fördert entschiedene Wertorientierung und umgekehrt. Zum Beispiel in der für mich sehr attraktiven Vorstellung von Weiterentwicklung:

„Es gehört zum Wesen des Menschen mitfühlend zu sein.
Unsere Aufgabe auf der Welt ist es, unsere Liebesfähigkeit zu entfalten.“

Bäume wachsen solange sie gesund sind. Bäume wachsen ihr ganzes Leben.
Menschen auch.

Gemeinwohl-orientiert handeln macht glücklicher, erfolgreicher und gesünder
Frei nach: Stefan Klein, der Sinn des Gebens. Frankfurt am Main 2011

Altruistisch, mitfühlend, fair, hilfsbereit zu sein bedeutet zunächst, dass ich mehr zu geben scheine, als ich unmittelbar zurückbekomme. Oft wird sich dieses Tun an Werthaltungen orientieren, die über Tauschverhalten hinausgehen. Tauschen bedeutet: ich gebe in etwa so viel, wie ich zurückbekomme.

Dieses Geben über den Tausch hinaus hat jedoch viele Vorteile. Experimente und Studien zeigen: Altruistisch Handelnde

  • machen (in vielen Wirtschafts-Bereichen) LANGFRISTIG die besseren Geschäfte
  • erleben Beziehungen als erfüllender und stabiler
  • sind zufriedener, glücklicher (Schutz vor Depressionen)
  • leben offensichtlich länger.

Schwierig wird es, eine gebende Haltung zu leben, wenn dies auf längere Sicht einseitig erscheint, wenn andere dies ausnützen, sich unfair verhalten, oder ein Anreizsystem wirkt, das kurzsichtiges und rein eigennütziges Verhalten begünstigt, (z.B. ein konkurrenzorientiertes Prämiensystem in Betrieben oder das Banker-Unwesen). Immer wieder zeigt sich, dass solche Betriebe leiden oder diese Systeme zusammenbrechen. Ganz offensichtlich ist jedes Individuum von der Gemeinschaft abhängig, nur das Zusammenwirken für das gemeinsame Ganze ermöglicht unser Überleben und unseren Wohlstand.

Extrem eigennütziges Verhalten lässt sich als „entgleiste Sehnsucht“ verstehen: Die gesunde Orientierung am Gemeinsamen, an Mitgefühl und Fairness ist verloren gegangen. Diesen Verlust versucht die Gier zu kompensieren, blind dafür, dass es eben diese Einseitigkeit ist, die unzufrieden macht.

 

ALL DENEN, DIE LEID VERURSACHEN
Paul Lahninger, angeregt durch das Gebet eines Buddhistischen Lama an die weibliche Gottheit Kuan Yin

All denen, die Kinder schlagen,
wünsche ich Erlösung von ihren ungeweinten Tränen.

 

All denen, die aus Gier über Leichen gehen,
wünsche ich grenzenlosen Reichtum im eigenen Herzen.

 

All denen, die Terror und Angst verbreiten,
wünsche ich tiefe Liebe zum eigenen Sein.

 

All denen, die süchtig nach Macht Gewalt missbrauchen,
wünsche ich zärtliche Fürsorge für ihr inneres Kind.

 

Mögen alle, die Unheil verbreiten, heil werden
Und beschenkt vom Wunder ihres Seins.

 

Quellen, weiterführende Literatur sowie Web-Adressen:

Stefan Klein, der Sinn des Gebens – Warum Selbstlosigkeit in der Evolution siegt… Fischer, Frankfurt am Main 2011
Paul Lahninger, Widerstand als Motivation – Herausforderungen nutzen 3. Aufl. Ökotopia, Münster 2012, S 95: Werte leben
Paul Lahninger, Reise zur Lösung. managerSeminare, 2. Auflage Bonn 2010, S 328 beseelt leben
Reinhard Sprenger, Mythos Motivation. 20. Auflage. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2014
Joachim Bauer, Prinzip Menschlichkeit – Warum wir von Natur aus kooperieren. Hoffmann und Campe, Hamburg 2006
Joachim Bauer, Das kooperative Gen – Abschied vom Darwinismus. Hoffmann und Campe, Hamburg 2008
Harald Welzer, Wir sind die Mehrheit – Für eine Offene Gesellschaft. Fischer, Frankfurt am Main 2017
Cyril Dion und Melanie Laurent, Tomorrow – die Welt ist voller Lösungen. Dokumentarfilm, Pandorafilm, Paris 2015

 

Selbstprüfung des ökologischen Lebensstils: www.footprint.at
Verkehrsclub Österreich: www.vcoe.at
Demokratische Kontrolle der Finanzmärkte: www.attac.at
Amnesty International: www.amnesty.at
Greenpeace: www.greenpeace.at
Global 2000: www.global2000.at
Flüchtlingsarbeit: www.caritas.at/spenden-helfen/spenden/fluechtlingshilfe/
fair trade: www.fairtrade.at
Kompensation für Flugreisen u.a.: atmosfair: www.atmosfair.de

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