Griechenland

Liebevolles Griechenland

Ein Mann nimmt in der Taverne Platz und ruft:
„Jassu Andreas!“ Der Wirt antwortet:
„Guten Morgen, Dimitrios, was möchtest denn?“
„Einen Espresso!“
„Ich hab keinen Espresso.“
„Ich will aber einen Espresso!“
„Café frappé kann ich dir machen.“
„Café frappé mag ich nicht, ich will einen Espresso!“
„Ich bin keine Cafeteria.“
„Geh runter ins Dorf und hol mir einen Espresso!“
„Trink ein Bier!“
„So weit ist das Dorf auch wieder nicht, bring mir einen Espresso.“
„Nein, du trinkst ein Bier!“
„Ich will kein Bier.“
„Dann Ouzo!“
Dimitrios laut: „Espresso, Espresso!“
Andreas noch lauter: „Was jetzt, Bier oder Ouzo?“
Dimitrios: „Café frappé.“ Beide lachen.
Während Andreas Café frappé zubereitet frage ich Dimitrios: „Also doch keinen Espresso?“
Dimitrios: „Wir sind gute Freunde, seit vielen Jahren … und das, obwohl Andreas keinen Espresso hat!“

Vielleicht gibt es in Griechischen Dörfern besonders viele fröhliche Menschen, vielleicht zeigen sie ihre Lebensfreude besonders offen. Meist sind es gute Wünsche, die die Begegnungen aufwerten. Viele Menschen hier sind großzügig und haben ein erstaunliches Gedächtnis für Gäste, auch wenn diese erst nach Jahren wiederkommen. Gastfreundschaft bedeutet, Reisende zu beschenken.

Im kleinen Gemischtwarenladen hatte ich ein paar Kleinigkeiten gekauft. „Willkommen, schön, dass du wieder da bist“, sagt die Frau an der Kassa, „wie geht’s?“
„Danke, immer gut, wenn ich in Griechenland bin.“
„Wie war die Reise?“
„Ein Genuss. Im Zug nach Venedig, mit der Fähre nach Igoumenitsa, und per Bus hier her.“
„Bravo!“ Die Kassa zeigt 15,70.- Die Verkäuferin sagt:
„15 Euro, passt gut so, schönen Urlaub!“

Niko, ein Taxifahrer erinnert sich auch an mich, vor 2 Jahren war ich 2-mal mit ihm gefahren. Der Preis ist niedrig, 12 Euro für 15 km. „Für dich 10, gut soll’s dir gehen!“
Dienstleistungen sind sehr preiswert hier, doch die Anschaffungskosten für die vielen Einzelunternehmer sind gleich hoch wie in Österreich, insbesondere Treibstoff. So ist die Gewinnspanne gering.

In Diakopto am Golf von Korinth beginnt mein Abenteuer: Mit Rucksack und Gitarre wandere ich in die Berge des Peloponnes. Dort, wo es wenig Tourismus gibt, wird deutlich, wie arm das Land ist. Landwirte haben es besonders schwer, Stallungen sehen aus, als wären sie indischen Slums nachempfunden. Die Corona-Politik hat vielen Unternehmungen nach der Finanzkrise den Rest gegeben. Ich staune, wie zufrieden die meisten, mit denen ich ins Gespräch komme, über ihr Leben sprechen.

Auf den Kirchenplätzen der Dörfer treffen sich die Bewohner am Abend zu lauten, meist fröhlichen Gesprächen. Dazwischen spielen Kinder Fußball, üben Fahrradtricks, streiten und toben. Die Kinder wirken selbstsicher, schon der Gang 5-jähriger wirkt zielstrebig. Besonders die kleinen Mädchen beeindrucken mich, es ist, als wären sie stolz darauf, eine Frau zu werden.
Kleinkinder werden mit guten Worten und Zärtlichkeit überhäuft. Aris, ein junger Tavernen Wirt, der oft wie ein Macho auftritt, wird zu einem strahlenden Animateur, wenn seine Frau mit der einjährigen Tochter in die Taverne kommt. In höchsten Tönen und ausdrucksvollen Gesten erklärt er dem Baby seine Liebe.

Das Hotel stellt mir ein Fahrrad zur Verfügung. „Habt ihr ein Schloss zum Absperren des Rads?“ frage ich meine Gastgeberin.
„Nein! Das Rad kannst du überall stehen lassen, das nimmt keiner. Wir sind in Griechenland!“
Vermutlich ist die gelebte Gemeinschaft einer der Gründe dafür, dass es in Griechenland außerhalb der Großstädte praktisch keine Kriminalität gibt.
Vor dem Hotel sitzt ein alter Mann. Am zweiten Tag erkenne ich, dass er halbseitig gelähmt ist. Immer wieder setzt sich jemand zu ihm. Der Alte strahlt über das ganze Gesicht, wenn ihm etwas erzählt wird. Er selbst kann nur mehr unverständlich lallen. Auch mir streckt er seine Hand entgegen und lacht, als ich ihn grüße und alles Gute wünsche.
Griechenland stärkt meine Lebensfreude.

Paul Lahninger am Flussufer sitzend

Jeden Tag wandere ich mehrere Stunden im Chelmos Gebirge. Die Sonne beseelt die Landschaft, Schluchten, Wasserfälle, abenteuerliche Steinformationen, Urwälder wirken wie vergoldet. Manche Bäume sind wohl an die Tausend Jahre alt. Über den Bäumen summen Millionen Bienen, Hummeln, Schmetterlinge, Libellen.

Stundenlang bin ich allein unterwegs. Ich nehme die Gitarre und singe, die Akkorde und Lieder bekommen hier eine eigene Intensität. Der Wald erscheint mir wie ein Konzertsaal mit ausgezeichneter Akustik.

Ich breite die Arme aus und atme die Wunder dieser Erde ein.

Paul Lahninger beim Wandern mit Gitarre

MEIN KLANG

Hundert Millionen Jahre oder mehr
haben diesen Berg geschaffen und geformt.

Ein paar Stunden unter einer guten Sonne
saß ich Winzling auf des Riesens kleinem Zeh.
In der Größe dieser aufgetürmten Steine
ahnte ich die Unermesslichkeit der Zeit,
sah mein Leben in den Rhythmen dieses Universums
kaum als Hauch von einem Augenblick.

Wie ein Fünkchen, das im Nu verglüht,
bin ich ein Ton in einer großen Symphonie.

Paul, Mai/Juni 2022

Segelschiff am Meer
Schiffe im Hafen
Brunnen
Paul Lahninger beim Wandern
Schlucht
Wasserfall
alter Baum
Blumenfeld
Bäume in Griechenland

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